Aus dem Rathenower VHS-Programm der 1970er und 1980er Jahre

Bis in die Mitte der 1970er Jahre war es noch für viele Menschen sehr notwendig, einen schulischen Gesamtabschluss nachzuholen, entsprechend großen Raum nahmen im Programm der VHS im Bereich „Allgemeinbildung“ die Schulabschlüsse ein. So erreichten in der Abendschule in den Jahren 1966 bis 1976 insgesamt 1.462 Bürger erfolgreich den Abschluss der 8., 9./10. oder 11./12. Klasse. Auch gab es die Möglichkeit, auf ein Fachschul- bzw. Meisterstudium besonders vorbereitet zu werden.

Es fanden Kurse in den Fächern Mathematik - dazu gehörte auch gesondert ein Lehrgang im Rechenstabrechnen -, Physik, Chemie, Deutsch, Russisch, Englisch und Französisch statt. Es gab Lehrgänge in Marxismus-Leninismus, fachliche Qualifizierungen wie z.B. Stenografie, Maschine schreiben, für Stenotypisten, Arbeitsschutz, Psychologie und Leitungstätigkeit, aber auch Elternlehrgänge für Russisch und Theorie der Erziehung.

Ab Mitte der 70er Jahre wurde ein neues Bedürfnisfeld der Bevölkerung sichtbar und wurde entsprechend berücksichtigt. Jetzt kamen Kurse in Kunst und Kunstgeschichte, Literatur und gesunder Ernährung hinzu. Zur Vorbereitung auf Ehe und Familie wurde eine „Eheschule“ angeboten und für Bürger im höheren Lebensalter eine „Veteranenakademie“. Hier wurden in 40 Stunden Themen aus Recht, Gesundheit, Psychologie und Straßenverkehr behandelt. Glückliche Autobesitzer konnten einen Kurs „Selbsthilfe bei Kfz-Pannen“ buchen. Seit 1976/77 gehörte der theoretische Fahrschulunterricht zur VHS.

Damit sich die Menschen bei wachsender Reiselust besser in den entsprechenden Ländern verständigen konnten, wurden zusätzlich Sprachkurse in Polnisch, Tschechisch und später auch in Ungarisch angeboten. Es gab viele berufsbezogene Lehrgänge, z.B. für Arbeits- und Brandschutz, Qualifizierung von Jugendbrigadieren, Heizern, DTSB-Übungsleitern und Leitungskadern in Industrie, Landwirtschaft und Handel.

Das Programm der VHS wurde ständig erweitert. Kleingärtner und Kleintierzüchter fanden ihre Berücksichtigung in Kursen zum Obstbau, zur Kaninchenhaltung und zur Imkerei. Man konnte in den 80er Jahren Gitarre spielen lernen, Schach und Skat, das Zeichnen und Malen oder auch eine Sprachkundigenprüfung in Russisch und Englisch ablegen.

Bedingt durch die schnelle Weiterentwicklung von Wissenschaft und Technik wurde der Zugang zu Schlüsseltechnologien notwendig. Und so hielten Kurse zur Mikroelektronik und Computertechnik Einzug in die VHS. Neben Informatik und mathematischen Grundlagen für die Arbeit mit Computern wurde zum Ende der 80er Jahre auch der Umgang mit dem elektronischen Taschenrechner gelehrt. Zu den herkömmlichen Sprachkursen und Kursen für Touristen, die ihre Urlaubsreisen in die UdSSR, CSSR oder Ungarn gestalten wollten, kamen jetzt auch die Sprachkurse „Deutsch für Ausländer“ und Esperanto hinzu.

Auf Grund der vorhandenen 10-klassigen allgemeinen Oberschulausbildung nahm das Interesse für den Abschluss der 8. bzw. 10. Klasse ab, man konnte aber weiterhin – wie auch heute- alle Abschlüsse bis zum Abitur in der Abendschule nachholen, auf Wunsch auch nur einzelne Fächer, die noch zum Gesamtabschluss der 10. Klasse fehlten.

So waren die Aufgaben, Bildungsinhalte und Organisationsformen der Lehrgänge in der Volkshochschule im Laufe der Jahre beträchtlichen Veränderungen unterworfen.

Gudrun Rothkamm